Rede zum Haushalt 2023: Birgit Legel-Wood (14.02.2023)

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Mitmenschen,

der dritte Haushalt der Legislaturperiode – die erste Haushaltsrede, die ich hier halte.

Wir befinden uns am Anfang der zweiten Halbzeit und der Spielstand ist eindeutig.

Das wirkliche Leben 3 (Treffer durch Corona, den Hackerangriff und durch den Ukraine-Krieg), der Bürgermeister 0.

Herr König, Sie sind im Wahlkampf mit großen Versprechen angetreten (ich zitiere Ihre Homepage):

  • Finanzen neu ordnen. Jetzt.

Das war damals schon ein gewagtes Versprechen. Sie wissen, genau wie wir alle: Ohne Altschuldenhilfe ist eine Neuordnung der Finanzen einfach nicht möglich.

Dazu noch Mehrbelastungen durch Corona und den Ukraine-Krieg; wir stehen schlechter da als jemals zuvor.

Durch die „Isolation“ werden die Kosten nur in die Zukunft verschoben und im nächsten Jahr wird das Kartenhaus dann wohl zusammenfallen.

  • Sicherheit für Witten. Jetzt.

Sicherheit wovor? Diese Frage bleibt ungeklärt. Aber ich bezweifle stark, dass sich die Wittenerinnen und Wittener sicherer fühlen als vor Ihrer Wahl.

  • Staus vermeiden. Jetzt.

Auch in diesem Bereich ist nicht wirklich etwas passiert. Die Pferdebachstraße ist zwar wieder in beiden Richtungen geöffnet, dafür hat sich der Stau in den Bereich der Leostraße verschoben. Auf der Crengeldanzstraße gab es bis gestern eine Nicht-Baustelle (Nicht-Baustelle deshalb, weil Informationen weder auf der Seite der Stadt, noch der der Stadtwerke zu finden sind und an der – laut WAZ-Bericht – seit Monaten nicht gearbeitet wurde). Hier gibt es regelmäßig lange Staus und über die Breite Straße und die Wittener Straße reden wir lieber nicht.

Ist das die engmaschigere Begleitung, die Sie nach der Wahl in Ihrem WAZ-Interview als eine Ihrer Prioritäten versprochen haben?

  • Klimaschutz für Witten Jetzt.

Und insbesondere zum Klimaschutz:

    • Bessere Luft & mehr Grün.
    • Fahrradkonzept umsetzen.
    • Brachflächen aufforsten und Bundesmittel nutzen „Stadtnatur“.

In Ihrem ersten Interview mit der WAZ nach Ihrer Wahl haben Sie die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes als eines der Themen, das Sie zuerst angehen wollen, angeführt. Was ist seitdem passiert, was den Menschen in dieser Stadt das Radfahren einfacher macht?

Am Freitag war in der WAZ zu lesen, dass es jetzt am Wittener Bahnhof 18 neue Fahrradparkplätze gibt. Anfang September 2020 wurde im Verkehrsausschuss die schnelle Umsetzung dieser Maßnahme beschlossen. 29 Monate hat es gedauert!

Herr König, es liegt in Ihrer Verantwortung als Bürgermeister, den Willen des Rates auch umzusetzen. Sie haben diese Aufgabe übernommen und wenn Sie die Schuld für das Nicht-Erreichen der Ziele auf Covid, auf den Hackerangriff und auf den Krieg schieben, machen Sie es sich erheblich zu einfach.

Es hilft uns nicht weiter, wenn Sie wenige Wochen vor der Verabschiedung des neuen Haushaltes ihrem Ärger darüber Luft machen, dass von den veranschlagten 500.000€ für das Radwegekonzept im Jahr 2022 gerade mal 50.000€ ausgegeben wurden. Von Ihnen ist Führung gefragt.

Wir Grünen haben lange mit uns gerungen, ob wir dem Haushaltsplan für 2023 zustimmen können.

Er enthält viele gute Punkte z. B. zu den Themen Jugend und Schule – auch zum Klimaschutz sind sowohl die Finanzmittel als auch das Personal angesichts unserer schwierigen Haushaltsituation durchaus angemessen. Die grünen Anträge der letzten beiden Jahre werden zumindest zahlentechnisch und damit auf dem Papier umgesetzt.

Unsere Haushaltsanträge in diesem Jahr zielen deshalb auch nicht auf höhere Haushaltsansätze, sondern auf ein verstärktes Controlling durch die Gremien des Rates ab. Wir möchten die Projekte enger begleiten und in Zukunft zeitnah erfahren, in welchen Bereichen es hakt und wo wir als Politik vielleicht nachbessern müssen.

Unsere Schwerpunkte liegen dabei nach wie vor auf Klimaschutz und insbesondere der zügigen Umsetzung des Radwegekonzeptes. Außerdem brauchen wir dringend mehr Grün in unserer Innenstadt. Für 2023 muss die Devise lauten: Nicht nur versprechen, nicht nur planen, sondern endlich machen!

Von den 13 Anträgen der Linken sind uns 8 schon aus den Vorjahren bekannt und sie werden auch durch die ständige Wiederholung nicht sinnstiftender. Wirklich interessant sind nur die Anträge bezüglich einer neuen Stelle für die Schulsekretariate der Grundschulen und der Änderung der Gebühren für das Bewohner:innenparken. Allerdings fehlt es bei beiden an Konzepten.

Unzweifelhaft benötigen wir eine bessere Besetzung der Schulsekretariate, aber wo genau aufgestockt werden soll, muss unter Berücksichtigung des Wittener Sozialindexes durch den Schulausschuss abgeklärt werden. Höher belastete Schulen benötigen mehr Unterstützung, sonst bleibt eine Stelle bei 17 Grundschulen ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Unzweifelhaft muss auch die Gebührenordnung für das Bewohner:innenparken überarbeitet werden. Wer den öffentlichen Raum zum Abstellen seines Fahrzeugs beansprucht, muss dafür auch zur Kasse gebeten werden. Deshalb muss ein Konzept entwickelt werden, dass sowohl ökologische als auch soziale Aspekte berücksichtigt.

Auch bei den Anträgen der SPD handelt es sich um eine „gemischte Tüte“. Die Finger werden dabei durchaus in offene Wunden gelegt, aber ob mehr Stellen wirklich mehr helfen?

Den Antrag von bürgerforum+ und WBG werden wir ablehnen. Wir benötigen mehr ÖPNV, nicht mehr Parkplätze.

Das Kulturforum hat trotz der Pandemie in den letzten Jahren gute Arbeit gemacht. Jetzt geht es darum, die Menschen mit kulturellen Veranstaltungen wieder in das öffentliche Leben zurück zu locken. Deshalb stellen wir gemeinsam mit SPD und CDU den Antrag, den Zuschuss für das Kulturforum genau zu diesem Zweck zu erhöhen.

Der Haushaltplan 2023 ist nur so gut, wie er dann im Laufe des Jahres auch umgesetzt wird. In der Hoffnung, dass unsere Anträge mehrheitlich mitgetragen werden und wir dadurch näher an die Realisierung unserer grünen Ziele gelangen, wird die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Witten dem Haushaltsplan 2023 mit allen seinen Anlagen zustimmen.

Und weil es gar nicht oft genug gesagt werden kann: Angesichts der drohenden finanziellen Handlungsfähigkeiten der Kommunen durch die „Isolation“ der zusätzlichen Kosten, sind die strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips und die finanzielle Hilfe beim Abbau der Altschulden durch Land und Bund dringender denn je zuvor. Bei steigenden Zinsen und Personalkosten droht uns im nächsten Jahr ansonsten der finanzielle Zusammenbruch.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“

(Es gilt das gesprochene Wort).

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